Wahrnehmung/Wahrnehmungsstörungen

Das Wort Wahrnehmung bedeutet einer Sache Aufmerksamkeit schenken. Es ist das Erfassen von bewussten und unbewussten Ereignissen durch innere und äußere Reize, die mit den Sinnesorganen aufgenommen werden (Sehen, Hören, Tasten, Riechen, Schmecken). Nicht zusammenhängende Details werden nach dem Zusammenbinden von Einzelwahrnehmungen im Gedächtnis gespeichert. Diese werden in Zukunft immer als Ganzes abrufbar sein.

Schon im Mutterleib hat der Fötus Wahrnehmungen, er hört die Stimme der Mutter und andere Außengeräusche, Er macht erste Erfahrungen in der Raumwahrnehmung im Mutterleib, spürt Schaukelbewegungen und führt schon einige Bewegungen aus. Nach der Geburt entwickelt sich das Kind, es lernt in kleinen Schritten sprechen, von der anfänglichen Artikulation von Lauten bis hin zu Wörtern und Sätzen. Es lernt die Sprache verstehen und sie anzuwenden. Im Laufe der Zeit eignet sich das Kind einen umfangreichen Wortschatz an. Das Kind verfeinert seine Fein- und Grobmotorik und erhält Bewusstsein für seinen Körper. Es entwickelt sich als Mensch mit emotionalen und kognitiven Fähigkeiten. Es kann Mengen erfassen und vergleichen und einer Zahl zuordnen. Auch entwickelt es ein gewisses Zeit- und Raumgefühl.

 

Um diese umfangreichen Fähigkeiten zu erlangen, müssen dem Kind verschiedene Voraussetzungen in Bezug auf der Wahrnehmungsebene gegeben sein.

 

Anhand des folgenden Beispiels „Zitrone“ wird deutlich, wie komplex die Wahrnehmungsaufnahme- und Verarbeitung bei einem Gegenstand erfolgt. Zunächst sieht das Kind die Zitrone als Bild und es weiß von der Mutter, dass es sich bei diesem Gegenstand um eine Frucht handelt, die Zitrone genannt wird. Zunächst wird das Kind die Farbe (gelb), Struktur, Größe, und die Form visuell wahrnehmen und es mit der Form anderer Gegenständen vergleichen (Mandarine, Grapefruit, etc.), vielleicht bildet es auch schon einen Überbegriff (Obst,

Früchte). Beim Ergreifen der Zitrone braucht es einen angemessenen Krafteinsatz um die Zitrone zu halten, damit sie nicht herunterfallt oder dass sie nicht zerquetscht wird. Das Kind spürt beim Anfassen der Zitrone die Oberfläche (glatt, klebrig, weich) und das Gewicht, es vergleicht die Oberfläche mit anderen Oberflächen anderer Gegenständen. Bevor das Kind in die Zitrone beißt, muss es die Frucht direkt mit der Hand zum Mund führen und es wird vielleicht an der Zitrone riechen und den Geruch wahrnehmen und ihn als angenehm, unangenehm

oder fruchtig empfinden. Beißt es in die Frucht, wird da Kind feststellen, dass eine Zitrone unangenehm sauer ist und spürt, wie sich er Mund zusammenzieht. Dieser Begriff „Zitrone“ mit all seinen Wahrnehmungen wird bei dem Kind nun als Ganzes abrufbar sein. Möglich, dass es auch die Verknüpfung vornimmt, zum Beispiel die

Farbe Gelb bedeutet sauer, schmeckt nicht. An diesem Beispiel wird deutlich, dass ein Kind alle Sinne (Hören, Sehen, Schmecken, Riechen, Tasten, Fühlen) benötigt, damit ein korrektes Bild der Zitrone wahrgenommen und im Gehirn abgespeichert werden kann.

 

  

 

Wahrnehmungsstörungen:

 

Wie in dem Beispiel der „Zitrone“, wird deutlich, dass zum Erfassen von bewussten und unbewussten Ereignissen umfangreiche innere und äußere Reize sind notwendig. Sie werden mit den Sinnesorganen (Auge, Ohr, Haut, Nase, Mund) aufgenommen und nach dem Zusammenbinden von Einzelwahrnehmungen im Gehirn abgespeichert. 

 

Definition Wahrnehmungsstörung:

„Die betroffenen Kinder können sehen, hören, tasten etc., sie sind jedoch nicht fähig die aufgenommen Reize richtig zu

verarbeiten. Die Informationen, die ihnen von den Sinnesorganen übermittelt werden, bleiben ungenau und diffus.“(Zimmer; 10. Auflage; 2002; S. 157)

 

An folgendem Selbstversuch kann gut festgestellt werden in wie weit sich Wahrnehmungen verändern, wenn zum Beispiel die Augen verbunden werden: Zunächst wird eine allgemeine Unsicherheit gespürt, das Selbstvertrauen sinkt. Da keine räumlichen Kenntnisse vorhanden sind, wo man sich im Raum befindet, werden Schaukel- oder schnelle Bewegungen sowie schnelle Drehungen vermieden. Die Bewegungen wirken steif, unbeholfen, unkoordiniert, der ganze Körper ist angespannt. Die Koordination, die räumliche Wahrnehmung, die Motorik und der Gleichgewichtssinn sind empfindlich gestört. Da Helligkeit und Dunkelheit nicht unterschieden werden (Tag/Nacht) kann, wird auch das Zeitgefühl beeinträchtigt sein. Das Gehirn

versucht dieses Defizit zu beheben, in dem es die anderen Sinne stärkt. Berührungen und Geräusche werden intensiver wahrgenommen. Auch versucht das Gehirn sich über das Tast-, Riech- und Geschmacksorgan ein Bild über einen

Gegenstand zu verschaffen (zum Beispiel die Zitrone: Oberfläche, Beschaffenheit, Geruch, Form, Größe, Geschmack).

An diesem Beispiel wird deutlich, wie alle Wahrnehmungen miteinander in Abhängigkeit stehen. Eine Störung der Hör- oder Sehwahrnehmung löst gleich eine Kettenreaktion in Bezug auf die anderen Wahrnehmungen aus.

 

Im Folgenden werden Wahrnehmungsstörungen definiert, die isoliert oder mit anderen

als Folgeerscheinungen auftreten können:

 

Wahrnehmungsstörungen im:

  • sensomotorischen Bereich (Wahrnehmung über Sinnesorgane)
  • motorisch-funktionellen Bereich (Wahrnehmung über Bewegungsorgane)
  • kognitiver-intellektueller  Bereich (Wahrnehmung, Lernen, Erinnern, Denken Verstehen)
  • psychisch-emotionaler Bereich (Wahrnehmung und Verarbeitung der seelischen und gefühlsmäßigen Verknüpfungen)

 

 

 

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